Die Kunst des Möglichen
Landrat Christoph Schauder im Gespräch mit Landtagsabgeordneten
Landrat Schauder freute sich über das Ziel des Landes, den ÖPNV auch in ländlich strukturierten Kreisen voranzubringen. Dass dies angestrebt wird, sei auch im Main-Tauber-Kreis spürbar. Dabei habe es beim Angebot gegenüber den Verhältnissen Mitte der 1990er Jahre bereits „einen Quantensprung“ gegeben. „Eine gute Anbindung an den ÖPNV darf kein exklusives Privileg von Ballungsräumen sein, gerade der ländliche Raum darf hier nicht auf der Strecke bleiben“, sagte Schauder.
Der Probebetrieb eines Regionalbahn-Stundentakts auf der Frankenbahn zwischen Osterburken und Lauda koste den Landkreis 1,1 Millionen Euro pro Jahr. Der Nachbarlandkreis Neckar-Odenwald steuere 350.000 Euro bei. Hinzu kämen die Ausgaben für den Buszubringerverkehr, sagte Schauder. Er wünsche sich einen vom Land finanzierten Dauerbetrieb dieses Regionalbahntakts. Die Corona-Pandemie habe generell zu einer geringeren Nutzung des ÖPNV geführt und mache sich somit auch bei dem auf drei Jahre befristeten Probebetrieb bemerkbar. Im Hinblick auf eine Verlängerung des Probebetriebes befinde sich der Landkreis „in einem konstruktiven Austausch mit dem Verkehrsministerium“.
Der bahnpolitische Sprecher MdL Michael Joukov würdigte die Unterstützung der beiden Landkreise im Hinblick auf die Implementierung des Probebetriebs und dankte allen Beteiligten für ihren Einsatz. Er sicherte zu beim Verkehrsministerium auch dafür zu werben, dass der Probebetrieb nicht Ende des Jahres ausläuft. Um langfristig den Bahnverkehr im Land zu stärken, sei insbesondere eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel des Bundes unabdingbar. „Alle Länder haben sich für die Aufstockung ausgesprochen“, erläuterte Joukov.
Armin Waldbüßer MdL teilte mit, dass der wichtigste Ansatz für einen gut aufgestellten ÖPNV die Infrastruktur sei. Die Bedeutung des ÖPNV gerade auch im ländlichen Raum sei dem Land bewusst.
Kommt eine S-Bahn nach Würzburg?
Von bayerischer Seite soll eine Machbarkeitsstudie für eine S-Bahn in Auftrag gegeben werden, berichtete der Landrat. Ein solches Angebot sei „wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl“, jedoch ferne Zukunftsmusik. Der Spatz in der Hand sei ihm wichtiger als die Taube auf dem Dach und Politik „die Kunst des Möglichen“.
Eine Regio-S-Bahn mit Halbstundentakt ist laut Michael Joukov nur mit starker finanzieller Beteiligung der Gebietskörperschaften möglich. Eine Elektrifizierung der Strecke sei dafür nicht zwingend, obwohl natürlich wünschenswert. Es gehe dabei vor allem darum, eine Identifikation zu schaffen. Eine Finanzierungsmöglichkeit für einen besseren öffentlichen Nahverkehr sieht der grüne Verkehrspolitiker in der Nahverkehrsabgabe, deren rechtliche Voraussetzungen voraussichtlich im Herbst dieses Jahres geschaffen werden. In dünn besiedelten Räumen biete sich auch ein „On-Demand-Verkehr“ an, der nur dann fahre, wenn er von den Fahrgästen per App oder Telefon bestellt wird.
Dezernentin Ursula Mühleck verwies darauf, dass der Landkreis bereits zahlreiche Ruftaxen anbiete. Man arbeite daran, das bereits bestehende Angebot noch weiter auszubauen und die Buchung der einzelnen Fahrten für alle Beteiligten einfacher zu gestalten.
Weitere Mobilitätszentralen
Der Landrat betonte ausdrücklich, dass der Landkreis auch bei den Mobilitätszentralen bereits gut aufgestellt sei. In Bad Mergentheim besteht seit 2019 eine solche Einrichtung. Das Angebot werde gut angenommen und soll sukzessive ausgebaut werden. Um auch in anderen Städten des Landkreises Mobilitätszentralen einzurichten, laufen derzeit konkrete Gespräche. Hierfür wäre laut Dezernentin Ursula Mühleck eine dauerhafte Mitfinanzierung der Betriebskosten durch das Land wünschenswert. Bisher gebe das Land lediglich eine Anschubfinanzierung über zwei Jahre, erklärte die Dezernentin.
Die beiden Landtagsabgeordneten bewerteten ihr Gespräch mit dem Landrat und der verantwortlichen Dezernentin als sehr positiv und versprachen, die Anliegen der Kreisverwaltung nach Stuttgart mitzunehmen.