Haushaltsrede von Kreisrat Rainer Moritz

Nach umfangreicher Vorberatung liegt uns der Haushaltsplan 2024 heute zur Abstimmung vor. Die vielfältigen Krisen und Herausforderungen, ob Corona-Pandemie, Kriege nicht nur vor der Haustür, Klimakrise und daraus folgende Flüchtlingsströme, der Fachkräftemangel oder der demographische Wandel, alle machen keinen Bogen um den Main-Tauber-Kreis. Dies alles schlägt sich natürlich auch in unserem Kreishaushalt nieder. In Ihrer Haushaltsrede, Herr Landrat Schauder, sagten Sie gleich zu Beginn „der Wind wird rauer und die Handlungsspielräume enger“. Und trotzdem hat uns die Verwaltung einen soliden Haushaltsplan ohne Streichkonzert bei den Freiwilligkeitsleistungen vorgelegen können, wobei allen klar ist, dass unser Handlungsspielraum sehr begrenzt ist und all diese Leistungen durch meist einstimmige Beschlüsse des Kreistags gedeckt sind. 2023 ist das erste Jahr, bei dem am Ende aus einem prognostizierten Defizit auch ein solches zu verzeichnen sein wird. Glücklicherweise gab es davor etliche Jahre, in denen in unsere Rücklage erwirtschaftet werden konnte.

Der Haushaltsplan-Entwurf 2024 wurde von den VorrednerInnen sicherlich schon ausführlich beleuchtet, darum von mir nur das Wichtigste in Kürze: die Grunderwerbssteuer wird deutlich sinken, die guten Tarifabschlüsse führen zu deutlich höheren Personalkosten, die Sozialausgaben werden deutlich steigen und im Gegenzug werden trotzdem die höheren Zuschüsse des Landes und die höheren Einnahmen durch die Kreisumlage nicht zu einem ausgeglichenen Haushalt führen. Es ist daher umso erfreulicher, dass das Land, bei dem die Einnahmen auch nicht mehr so sprudeln wie in der Vergangenheit, bei den Schlüsselzuweisungen einen höheren Prokopf-Zuschuss gewährt. Die Kreisumlage, das beliebte Streitthema in diesem Gremium voller BürgermeisterInnen und StadträtInnen, war natürlich strittig. In der Mifri waren 32,5% Punkte für 2024 angekündigt. Eine Erhöhung gegenüber den 29,5% von 2023 also vorhersehbar. Die Eckdaten des Haushalts zeigen deutlich, dass trotz höherer Steuerkraftsumme der Gemeinden, was ja auch auf höhere Einnahmen der Städte und Gemeinden verweist, eine Erhöhung des Hebesatzes vertretbar und angemessen erscheinen lässt. Die Kreisverwaltung ging von vornherein mit einem abgesenkten Hebesatz gegenüber der Mifri in die Beratungen. Dass man sich am Ende in der Mitte, also bei 31%, einigte, tragen wir Grüne mit. Gleichzeitig verweisen wir auf die Zahlen der Mifri, bei der mit weiteren Erhöhungen zu rechnen sein wird, was aber sicherlich der jeweiligen Haushaltslage angepasst sein wird. Nicht verkneifen kann ich mir, dass ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass wir lange Jahre mit deutlich höheren Hebesätzen lebten. Und die notwendigen Zukunftsinvestitionen werden zu deutlich höheren Schulden führen. Bei gleichzeitig höheren Zinsbelastungen wird sich dies auf unseren künftigen Haushalte auswirken.

Jetzt aber zu den einzelnen Ressorts:

Soziales

Frau Krug hat sehr ausführlich den von ihr zu verantworteten Etat vorgestellt. Auch wenn es schon gesagt wurde, wir reißen erstmals bei den Aufwendungen die 100 Millionen und beim Nettozuschuss die 60 Millionen. Insbesondere bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetz sind noch große Risiken vorhanden.

Trotz dieser Steigerungen halten wir die Freiwilligkeitsleistungen, wie beispielsweise die Windelkonzeption, für richtig. Auch die freiwilligen Ausgaben bei der Prävention werden von uns vorbehaltlos mitgetragen. Beispielsweise die fast kreisweit etablierten Familienzentren sind ein Erfolgsprojekt.

Dass sich insbesondere die kirchlichen Träger, bedingt durch eigene finanzielle Mindereinnahmen und höhere Personalkosten, höhere Zuschüsse verlangen, ist nicht verwunderlich und wird von uns nicht abgelehnt.

Geflüchtete

Allein die neuen Zugangsdaten und die Anzahl der bereits aufgenommen Personen zeigt, dass wir hier große Herausforderungen haben. Es ist aber eine Thematik, bei der es keine einfachen Lösungen gibt. Bemerkenswert ist auch, dass momentan die größte Anzahl der Geflüchteten aus der Türkei kommen. Die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung für die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchteten Menschen aus der Ukraine ist sehr anerkennenswert und hat gezeigt, wie viel Wohnraum, auch in der eignen Wohnung, zur Verfügung gestellt werden kann. Zu Beginn dieses Kriegs hat man allerdings nicht mit der langen Dauer gerechnet, wobei ja jetzt auch noch kein Ende absehbar ist. Aus Solidarität hat man im vergangenen Jahr den Rechtskreiswechsel vorgenommen, der damals durchaus verständlich war, sich aber jetzt als problematisch erweist, da wir in Deutschland so zwischen Geflüchteten erster und zweiter Klasse unterscheiden. Darüber, dass Unterbringung und Integration keine einfachen Aufgaben sind, sind wir uns einig. Dass Armut und die Klimakrise, die Afrika noch heftiger trifft als uns, aber zu nicht nachlassenden Flüchtlingsströmen führen wird, muss uns auch klar sein.

Wir glauben, dass die Bundesregierung gute Beschlüsse gefasst hat, um einerseits Zuwanderung zu steuern und gleichzeitig die notwendige Zuwanderung der fehlenden Fachkräfte zu ermöglichen. Nicht nur, aber besonders doch im medizinisch, pflegerischen Bereich, kommen wir ohne Zuwanderung überhaupt nicht aus. Auch wenn endlich alle Kommunen im Kreis Gemeinschaftsunterkünfte vorweisen können, stoßen wir bald an Grenzen und die Kommunen stehen dann noch vor  einer großen Herausforderung, wenn die Anschlussunterbringung ansteht. Nicht nur beim Wohnraum, sondern auch in den Kindergärten und Schulen kommt einiges auf die Kommunen zu. Bisher hat die Spitzabrechnung für den Landkreis gegenüber dem Land geklappt – dies wird sicher auch in der Zukunft so bleiben, wenn auch zeitverzögert.

Optimistisch stimmen mich Presseartikel, dass es beispielsweise Kommunen wie Hannover oder Rottenburg gelingt, die bei diesem Thema nicht schwarz-in-schwarz zu malen.

Ausdrücklich bedanken möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei all den zahlreichen Helferinnen und Helfern, egal ob ganz privat oder in den zahlreichen Helferkreisen, für ihre unermüdliche ehrenamtliche Tätigkeit. Dass es dabei manchmal auch zu Reibereien zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen kommen kann, muss bei diesem hoch emotionalen Thema nicht verwundern und muss beiderseits fair ausgehalten werden. Unsere Anregung, mit einer Gebietskörperschaft in der Ukraine und in Afrika eine Partnerschaft einzugehen, möchte ich hier noch einmal  wiederholen, denn sowohl in der Ukraine als auch in Afrika ist eine Hilfestellung vor Ort unbedingt notwendig – und dies wohl noch viele Jahre lang.

Klimaschutz

Im vergangenen Jahr stand der Klimaschutz an erster Stelle meiner Rede. Dass er in diesem Jahr erst jetzt kommt, hat nicht zu bedeuten, dass er weniger wichtig wäre, im Gegenteil. In einem Interview mit der Wissenschaftlerin Katharine Hayhoe (TAZ) stand der zutreffende Satz „unser Problem ist nicht der kleine Teil der Bevölkerung, der den Klimawandel leugnet, sondern der große Teil, der sich Sorgen macht, aber nicht aktiv handelt“. Uwe Ritzer hat bei seinem Festvortrag „Zwischen Dürre und Flut“, den er kürzlich bei der Verbandsversammlung der NOW in Bad Mergentheim gehalten hat, eindrücklich auf die Notwendigkeit zu handeln hingewiesen. Professor Path von der Uni Würzburg, erklärte schon vor Jahren „Unterfranken zu einem Hotspot des Klimawandels“ und Tauberfranken kann man getrost mit dazu rechnen. Es ist nicht so, dass bei uns im Kreis nichts geschieht, aber unserer Meinung nach doch zu wenig. Natürlich nehmen wir mit großem Bedauern zur Kenntnis, dass wir in diesem Bereich 2023 einen wahren Aderlass an MitarbeitInnen hatten, die wir nicht ersetzen konnten. Wie wir so die geforderte Klimaneutralität der Landkreisverwaltung rechtzeitig erreichen wollen, ist uns ein Rätsel. Gerade gegenwärtig sind Angebote für Energieberatungen dringend erforderlich. Die Evaluierung und Fortschreibung unseres Klimaschutzkonzepts halten wir für überaus vordringlich, weil sich die Vorgaben des Landes in der Zwischenzeit deutlich verändert haben und sich unser Koalitionspartner nicht nur in Stuttgart daran halten muss, sondern auch hier vor Ort. Klimaschutzinitiativen im Landkreis weisen uns wiederholt darauf hin, dass wir nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind. Erfreulicherweise hat der Widerstand gegen Freiflächenfotovoltaikanlagen und Windkraft nachgelassen. Sicherlich auch, weil erkannt wurde, dass erneuerbare Energien, nicht nur zu Einnahmen in der Region führen, sondern auch bezahlbare und nachhaltige  Energieproduktion bedeutet. Die Hemmnisse bezüglich des Bundeswehrstandorts Niederstetten lassen sich hoffentlich noch lösen.

Wie wettbewerbsfähig Grüner Strom ist zeigt, dass wir wieder fast 100% Ökostrom aus der Region in unseren landkreiseigenen Immobilien nutzen werden.

Erfreulich ist, dass, den Vorgaben des Landes folgend, sich viele Kommunen des Kreises auf den Weg gemacht und KlimaschutzmanangerInnen eingestellt haben.

Mobilität

Erfreulich ist, dass es eine Vereinbarung mit dem Land gibt, die Regionalbahn auf der Frankenbahn in den Regelbetrieb überzuführen, auch wenn dies im neuen Haushalt 1,1 Mio Zuschuss bedeutet. Jetzt gilt es darauf hinzuarbeiten, dass die Nutzerzahlen steigen. Wenn wir die nächste Hürde gemeistert haben und unser Zuschuss sinken wird, kann man  die weiteren Wünsche oder Erfordernisse wie Wochenendverkehr und Ausbau der Bahnhöfe angehen. Unumgänglich und vordringlich bleibt allerdings die beidseitige Nutzung des Bahnhofs Königshofen. Womit ich bei der Tauberbahn angelangt bin. Die Schlechtleistung der Westfrankenbahn ist legendär und nicht mehr länger hinnehmbar. Eine Angebotsverschlechterung nur um die Personalprobleme der Westfrankenbahn zu lösen, darf aber nicht das Ergebnis eines Lösungsangebots seitens der Westfrankenbahn sein. Die BI „Pro Tauberbahn“ hat gute Lösungen angeboten, die mehrstufig umgesetzt werden können. Wir erwarten, dass diese Überlegungen zeitnah öffentlich diskutiert werden und nicht nur einseitig die Westfrankenbahn gehört wird. Die Zeit für Entscheidungen eilt davon, denn zum Fahrplanwechsel Ende 2024 soll nach den Plänen der Westfrankenbahn alles umgesetzt werden. Eine Verschlechterung für unsere Raumschaft tragen wir nicht mit. Das Einbeziehen der Schulen hat offensichtlich auch noch nicht stattgefunden.

Die Sanierung der Bahnhalte auf der Frankenbahn Richtung Würzburg schreitet voran und  wir halten die Anteile, die der Landkreis zu zahlen hat, für gut angelegtes Geld.

Erfreulich ist, dass endlich die dritte Mobilitätszentrale, nämlich die in Lauda, im kommenden Jahr eingerichtet wird. Dies ist eine alte Forderung von uns. Der Umweg, der von der Stadt Lauda-Königshofen gegangen wurde, wäre nicht notwendig gewesen. Dass die VGMT diese Mobilitätszentrale selbst betreibt, tragen wir als sinnvollste Lösung mit. Das Ruftaxi ist eine Erfolgsgeschichte, aber auch hier sehen wir durchaus noch Luft nach oben.

Das Radwegenetz wurde 2023 dank großzügiger Hilfe des Landes und Bundes stark ausgebaut und verbessert. Leider war oftmals jahrelange Vorarbeit notwendig, die eigentliche Umsetzung erfolgte dafür recht schnell und die Kosten blieben unter Plan. Wenn man die Radwegenetzkarte anschaut, ist aber zu erkennen, dass noch viele Strecken darauf warten, umgesetzt zu werden – ich will gar nicht anfangen, diese aufzuzählen.

Dass Jobbike und Jobticket beim Landkreis inzwischen gut angenommen werden, ist sehr erfreulich und das gute Beispiel sollte auf die Kommunen und die einheimischen Betriebe ausstrahlen. Dies kann auch noch gerne besser beworben werden.

Das Deckenprogramm und die Sanierung unserer Kreisstraßen tragen wir mit. Am besten sollten aber nur solche Straßen angegangen werden, deren Sanierung im Folgejahre auch umgesetzt werden können.

BioMusterRegion

Alles andere als eine Fortsetzung der Landesförderung wäre eine Sensation gewesen. Der Einmannbetrieb kann also die begonnene Arbeit fortsetzen und dies sicherlich über den Förderzeitraum hinaus. Wir sehen hier noch ein riesiges Arbeitsgebiet und hoffen, dass noch mehr öffentlich wirksame Veranstaltungen stattfinden werden. Regional und Bio sind nicht zwei Paar Stiefel und sollten nur sowohl als auch umgesetzt werden.

Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Biodiversität müssen zusammen gesehen und umgesetzt werden. Der Landkreis muss in seinen Einrichtungen stets mit gutem Beispiel voran gehen.

Investitionen

Wir stehen dazu, dass nach der Fertigstellung des BSZ Wertheim, die beruflichen Schulen in Tauberbischofsheim einer gründlichen Sanierung bedürfen. Insbesondere die Werkstätten sind aus energetischer Betrachtung jenseits von Gut und Böse. Ohne Wenn und Aber sehen wir auch die Notwendigkeit das Sonderpädagogische Zentrum in Unterbalbach zu sanieren.

Die Kurverwaltung ist uns lieb und teuer. Neben dem jährlichen Abmangel, soll die Sanierung der Wandelhalle demnächst starten. Damit wird der Kur- und Tourismusstandort Bad Mergentheim aber auch die der ganzen Region gestärkt. Tourismus ist ein sehr bedeutender Wirtschaftsfaktor bei uns.

Kloster Bronnbach

Es ist gut, dass mit Fraunhofer eine zukunftsfähige Vereinbarung getroffen wurde. Bei der energetischen Sanierung der Gebäude diesseits der Straße erwarten wir eine nachhaltige Energieversorgung mit Vorbildcharakter. Bronnbach als Sitz der neuen Tourismusdestination nördliches Ba-Wü ist ein großer Erfolg von LR Schauder.

AWMT

Eine schuldenfreie Tochter, wie schön. Leider kommt die Umsetzung der geplanten neuen, attraktiveren Recyclinghöfe nur stockend voran. Dies ist sehr bedauerlich. Die Kampagne zur Müllvermeidung könnte noch besser kommuniziert werden.

Personaletat

Leider bleibt die Stelle desR Gleichstellungsbeauftragten weiterhin in einem strukturierten Prozess, also unbesetzt. Schade. Außerdem halten wir es für wünschenswert, dass mehr Ausbildungsstellen geschaffen werden, um künftig noch mehr Stellen mit BewerberInnen aus dem eigenen Haus besetzen zu können.

Resümee: Die Kreistagsfraktion der Grünen stimmt dem Haushalt 2024 des Kernhaushalts, dem Haushaltsplan des AWMT und der Mittelfristigen Finanzplanung zu. Wobei ich schon anmerken möchte, dass wir uns das nicht leicht gemacht haben, weil der Bereich Klimaschutz nicht den nötigen Raum einnimmt.

Es ist nicht nur ein guter Brauch, sondern gelebte Realität: ich bedanke mich auch im Namen der gesamten Fraktion der Grünen sowohl bei Ihnen Herr Landrat Schauder, bei den DezernentInnen und MitarbeiterInnen der Verwaltung, aber auch den KollegInnen des Kreistags für die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit auf die wir im neuen Jahr gut aufbauen können. Das bewährte Zusammenwirken auf Ebene der Fraktionsspitzen ist ein Erfolgsrezept für den Landkreis.

Ihnen allen wünschen wir Grüne eine besinnliche Adventszeit, ein frohes Fest, einen guten Rutsch und ein gesundes und glückliches 2024 und einen fairen Kommunalwahlkampf

 

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