Partizipation ermöglichen
Kommunalpolitisches Seminar der Grünen Main-Tauber
Das neue Kommunalwahlrecht
Swantje Sperling stellte die Änderungen im Kommunalwahlrecht vor, die bereits bei der nächsten Kommunalwahl im Jahr 2024 gelten werden. Damit soll vor allem einem gesellschaftlichen Interesse Rechnung getragen und die Teilhabe verbessert werden. Die wichtigste Änderung sei, dass das passive Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt wird. Jugendliche können damit in die Gemeinderäte gewählt werden und Einfluss auf die Gestaltung ihrer unmittelbaren Umwelt in ihrem Wohnort nehmen. Auch Wohnungslose sollen wählen können. Bei der Landeszentrale für politische Bildung will sich Sperling dafür einsetzen, dass Informationen zur Kommunalwahl in leichter Sprache entwickelt werden, um Menschen mit geistiger Behinderung einzubeziehen. Mit den Änderungen, die die Grünen gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner CDU vornehmen, "bekommt Baden-Württemberg das fortschrittlichste Kommunalwahlrecht in ganz Deutschland", so die grüne Landtagsabgeordnete, Sprecherin für Kommunalpolitik ihrer Fraktion und Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der Grünen.
Um die Vereinbarkeit des Berufs- und Privatlebens mit dem Ehrenamt zu verbessern soll es hybride Gemeinderatssitzungen geben. Gemeinderäte können nicht nur im Sitzungssaal, sondern über das Internet auch vom heimischen Schreibtisch aus an den Sitzungen teilnehmen.
Im zweiten Wahlgang von Bürgermeisterwahlen soll es künftig nur noch eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbenden geben, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhielten. Falls bei einer Bürgermeisterwahl nur eine Bewerbung vorliegt soll es weiterhin nicht möglich sein, mit Nein zu stimmen. Wenn gewählte Bürgermeister:innen auf Grund einer Wahlanfechtung nicht in ihr Amt eingesetzt werden können sollen sie in dieser Zeit nicht mehr als "Amtsverweser" bezeichnet werden. Die Frage von Kreisrat Rainer Moritz, ob in Baden-Württemberg - wie etwa in Hessen - eine Abwahl von Bürgermeister:innen ermöglicht wird, verneinte Sperling.
Kommunalpolitiker:innen unterstützen
Die Landesregierung will Kommunalpolitiker:innen den Rücken stärken. Bedrohungen, Hass und Hetze gegen sie hätten leider stark zugenommen. Seit längerem gebe es deshalb bereits eine eigene Stelle dafür beim Landeskriminalamt. Diese werde nun durch eine weitere Stelle für die psycho-soziale Beratung von Betroffenen ergänzt, die auch von deren Angehörigen in Anspruch genommen werden kann.
Unechte Teilortswahl
Eine längere Diskussion entwickelte sich zur Frage, ob die Landesregierung die unechte Teilortswahl abschaffen wird. Die Grünen Main-Tauber sind nicht zuletzt auf Grund der schlechten Erfahrungen in Tauberbischofsheim dafür. Dort musste die Gemeinderatswahl von 2019 wiederholt werden, weil nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim die Stadtteile im Gemeinderat nicht im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen repräsentiert waren. Doch auch die Wiederholungswahl vom 5. Februar 2023 wurde wieder angefochten.
Fünfzig Jahre nach der Gemeindereform ist dieses Verfahren nach Ansicht der Grünen auch nicht mehr nötig. Die Partikularinteressen von Stadtteilen werden bestens von den Ortschaftsräten und Ortsvorstehern vertreten. Das komplizierte Wahlverfahren überfordere viele Wähler:innen und führe zu extrem vielen ungültigen Stimmabgaben. Das verfälsche den Wählerwillen. Zudem würden die Gemeinderäte durch viele Ausgleichsmandate unnötig aufgebläht.
Weil im Koalitionsvertrag mit der CDU nicht vereinbarte wurde, die unechte Teilortswahl abzuschaffen, wird sie bestehen bleiben, erklärte Sperling. Sie setze sich jedoch gemeinsam mit dem Koalitionspartner und den kommunalen Spitzenverbänden Städtetag und Gemeindetag dafür ein, dass das Innenministerium Richtlinien dazu herausgibt, wie es zu einer rechtssicheren Kommunalwahl kommen kann. Dazu müssen gegebenenfalls die Hauptsatzungen der Gemeinden geändert werden. Somit bleibt es weiterhin den Gemeinden überlassen, ob sie an der unechten Teilortswahl festhalten oder nicht. Wertheim, Lauda-Königshofen und Igersheim haben sie bereits abgeschafft.
Feministische Kommunalpolitik
Ein programmatischer Schwerpunkt bei der nächsten Kommunalwahl wird laut Sperling die feministische Kommunalpolitik sein. Dabei gehe es darum, alle Geschlechter gleich zu stellen, zum Beispiel durch eine feministische Stadtplanung, Verkehrsplanung, Beseitigung von Angsträumen oder geschlechtergerechtes Ausgeben von Geld mittels eines Bürgerinnenhaushalts.