Neujahrsempfang der Grünen Main-Tauber
In Vertretung der erkrankten Kreisvorsitzenden Birgit Väth begrüßte Kreisschatzmeister Rainer Moritz die zahlreich erschienenen Gäste, darunter Landrat Christoph Schauder, Bürgermeisterin Heike Naber (Niederstetten) und Bürgermeister Frank Menikheim (Igersheim) sowie die Landtagsabgeordnete Swantje Sperling und den Kreisbauernverbandsvorsitzenden Reinhard Friedrich. Aus unterschiedlichen Gründen hatten die angekündigten Referenten OB Cornelia Petzold-Schick und MdEP Michael Bloss leider absagen müssen. Gekommen aber war der Göppinger Oberbürgermeister Alexander Maier, der mit einer fulminanten Festrede den demokratischen Kräften Mut machte, sich gesellschaftlich zu engagieren. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom ukrainischen Konzertpianisten Oleksiy Kovalenko, der wegen des Kriegs in der Ukraine jetzt in Wachbach lebt.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Landrat Christoph Schauder betonte in seinem Grußwort die parteiübergreifend gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die sich unter anderem in der einstimmigen Verabschiedung des Kreishaushalts für das Jahr 2024 zeige. Mit 145 erbauten Windkraftanlagen sei der Main-Tauber-Kreis ein Landkreis der Energiewende. Mit der Eröffnung einer dritten Mobilitätszentrale in Lauda werde in absehbarer Zeit die Infrastruktur für den Verleih von Elektroautos und E-Bikes im Kreis geschaffen, die auch an anderen Knotenpunkten des ÖPNV wieder zurückgegeben werden könnten. Im Sinne der Grünen sei es, dass der Landkreis auf Grund seiner guten Leistungen die Förderung als Biomusterregion um drei Jahre verlängert bekommen habe.
Leitbild Nachhaltigkeit
Igersheims Bürgermeister Menikheim führte den ersten E-Bürgerbus des Landes, ein E-Carsharing und die Umstellung der gesamten Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtmittel als umweltpolitische Erfolge auf. Flächensparen und Innenentwicklung habe er sich auf die Fahnen geschrieben. In seiner 16-jährigen Amtszeit sei kein einziges Neubaugebiet mehr ausgewiesen worden. Die Gemeinde habe sich ein Leitbild gegeben, an dem sie sich orientiere: Nachhaltigkeit politisch, sozial, ökologisch und ökonomisch sei das Ziel.
Mut zu politischem und gesellschaftlichem Engagement
"Ich will den Menschen Mut machen" eröffnete Alexander Maier seine mit Spannung erwartete Festrede und schilderte kurz seinen persönlichen Werdegang. Aufgewachsen in einem nicht gerade privilegierten Stadtteil von Göppingen als Sohn einer allein erziehenden Mutter, die sich trotz Vollzeitbeschäftigung auch noch ehrenamtlich engagierte, seien ihm wichtige Grundwerte vermittelt worden wie Verlässlichkeit, Freundlichkeit, Toleranz und Übernahme von Verantwortung für andere. Mit 22 Jahren wurde Maier in den Gemeinderat gewählt, mit 29 Jahren in den Landtag und mit 32 Jahren zum Oberbürgermeister von Göppingen, damals als jüngster Bürgermeister im Land.
Den Anwesenden versicherte er "Sie können etwas tun, um unser Leben und das anderer Menschen besser zu machen". Gute Politik bestehe nicht daraus, den Menschen nach dem Mund zu reden, um ein paar Wählerstimmen mehr zu gewinnen, sondern darin Verantwortung zu übernehmen, "selbst wenn einem das an der Wahlurne später nicht gedankt wird". Er beklagte aber ebenso, dass den Kommunen durch Auflagen und Pflichten von Bund und Land, und der eigenen Gremien, "kaum noch Handlungsspielraum gelassen wird". Die Selbstverwaltung der Gemeinden werde dadurch quasi abgeschafft.
Populistischen Forderungen nach Rücktritt von Regierungen von der Bundes- über die Landesebene bis zu den Gemeinderäten erteilte er eine klare Absage. "Wenn alle Politiker weg sind, was ist dann?" Solche Forderungen seien "offensichtlicher Unsinn". Die Welt sei nun einmal komplex. Einfache Lösungen gebe es nicht, sie seien reiner Populismus. Das Demonstrationsrecht bezeichnete Maier "als eines der höchsten Rechte". Doch dafür gebe es Regeln, die für alle gleich gelten, etwa Demonstrationen anzumelden und sich an Auflagen zu halten. Es gehe nicht, dass man für die einen Präventionshaft fordert und bei den anderen mitläuft. Und "wer Leute einfach abschieben will, die ihm nicht passen, verlässt den Boden der Demokratie".
Die Gemeinderäte sind nach Ansicht von Alexander Maier "die Keimzellen der Demokratie in unserem Land". Nur durch sie funktioniere unser Staat. Deshalb sei es sehr bedenklich, dass Gemeinderäte immer häufiger Opfer von Beleidigungen, Übergriffen, Drohungen und Einschüchterungen geworden seien. Er appelliere dennoch daran, sich kommunalpolitisch zu engagieren. Es gehe um "Bessermacherei statt Besserwisserei". Zur Ehrlichkeit gehöre aber auch, dass nicht jeder immer mehr bekommen kann. Er sei überzeugt, dass konstruktive Lösungen gefunden werden können. Wobei einige Maßnahmen auch weh tun können und zitierte dazu den früheren Stuttgarter OB Manfred Rommel: "Heilige Kühe sind auch nur Rindviecher".
Abschließend berichtete Maier von der Mutter einer israelischen Geisel der Hamas, die irrtümlich von israelischen Soldaten erschossen wurde. Diese Frau hätte allen Grund dafür gehabt, wütend auf die Soldaten zu sein. Sie habe diese jedoch zu sich eingeladen und ihnen vergeben. Die Vergebung bezeichnete Maier als "eine der stärksten Kräfte" und wünschte sich eine "Leitkultur des Vergebens und der Nachsicht".
Die Gäste bedankten sich bei Alexander Maier mit begeistertem Applaus für diese Rede. Für den Kreisverband Main-Tauber überreichte Rainer Moritz einige biologisch erzeugte regionale Produkte, bevor es bei Bio-Bier und vegetarischen Häppchen zu informellen Gesprächen überging.