Vorbildliche Geburtshilfe

Hebammen fordern bessere Bedingungen

Staatssekretärin Bärbl Mielich (links) in der Hebammenpraxis "Das Lebenshaus" in Weikersheim-Schäftersheim
Bärbl Mielich (links) im Lebenshaus

Vorbildliche Einrichtungen gibt es nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch auf dem Land. Davon überzeugten sich MdL Bärbl Mielich, grüne Staatssekretärin im Ministerium für Soziales und Integration in Stuttgart und Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Bundestagskandidatin im Wahlkreis Odenwald-Tauber, bei einem Informationsbesuch im Lebenshaus in Weikersheim-Schäftersheim.

Mielich initiierte Anfang des Jahres die Einrichtung eines Runden Tisches aller an der Geburtshilfe beteiligten Akteure wie Hebammen, Gynäkologen, Krankenhäuser und Krankenkassen im Land, um sich auf gemeinsame Maßnahmen für eine gute Geburtshilfe zu verständigen Daher stieß die Hebammenpraxis von Jacquy Goffinet-Stiehle bei ihr auf starkes Interesse. Die vormals in Niederstetten, nun in Schäftersheim ansässige Einrichtung hat sich die Langzeitbetreuung schwangerer Frauen von der Feststellung der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit zum Ziel gesetzt. Betrieben wird sie von drei Hebammen sowie weiteren freien Mitarbeiterinnen.

Breites Angebot für (werdende) Mütter

„Bei uns muss man sich sofort nach Feststellung der Schwangerschaft anmelden, nicht erst in der zwölften Woche“, betont Goffinet-Stiehle, „sonst bekommt man keinen Platz mehr“. Die enorme Nachfrage ist die beste Bestätigung für diese Einrichtung der besonders engagierten Hebammen, die für ihren Beruf und ihre Konzepte brennen. Angeboten wird ein breites Leistungsspektrum wie Schwangerenvorsorge, Beratung, Geburtsvorbereitung, Rückbildungsgymnastik, Babymassage, Säuglingspflegekurse über Yoga, Pilates, Akupunktur bis hin zur Raucherentwöhnung und zum Kinesiotapeing. Unterstützung bräuchten Frauen auf alle Fälle nicht nur bei einer normalen, sondern auch bei einer Fehlgeburt.

Ihre Erfahrungen mit einem Geburtshausaufbau in Stuttgart wollte Jacquy Goffinet-Stiehle in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufs Land bringen, wo es bis dahin gar keine Versorgung gab. Die Zukunft sieht sie jedoch mit großer Sorge. „Es entwickelt sich rückwärts, was über viele Jahre aufgebaut wurde“, beklagt sie.

Bestätigt wird dies von ihren jungen Kolleginnen Anna Becker, Susanne Haag und Leonie Stiehle. Die Geburtenzahl nehme zu, während die Personalschlüssel gleich bleiben. Da zudem kleinere geburtshilfliche Einrichtungen schließen, komme immer mehr Arbeit auf die großen zu. Sie seien nicht mehr in der Lage, Frauen bei der Geburt richtig zu begleiten, weil sie gleichzeitig mehrere Geburten leiten müssten. „Wir stehen dadurch mit einem Bein im Knast“, stellt Susanne Haag fest. Neben ihrer Festanstellung in einer Klinik ist sie, ebenso wie Anna Becker und Leonie Stiehle, freiberuflich im Lebenshaus tätig.

Bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung erforderlich

Die Bezahlung der Hebammen werde ihrer Leistung und Verantwortung für zwei Leben nicht gerecht. Das sieht auch Staatssekretärin Mielich so. Sie versichert den Hebammen allerdings, dass sie einen hohen Stellenwert haben, weil immer häufiger Kliniken aktiv um mehr Hebammen werben. „Damit“ so ist Mielich überzeugt, „können Sie auch Bedingungen stellen“. An der Gehaltsschraube kann das Land nicht drehen. Es könne nur über Bundesratsinitiativen und eben über den Runden Tisch Einfluss nehmen. Eine Möglichkeit sei es beispielsweise, dass normale Geburten ebenso gut vergütet würden wie Kaiserschnitte, um den finanziellen Anreiz zur Durchführung von Kaiserschnitten abzubauen.

„Die Forensik ist das größte Problem und macht alles kaputt“, meint Susanne Haag. Jeder sei nur auf Sicherheit aus, so dass zum Beispiel Kinder in Beckenendlage kaum mehr auf natürlichem Wege zur Welt gebracht würden. Auch durchaus gewillte junge Frauenärzte lernten dies in ihrer Ausbildung nicht mehr. Die anwesenden Frauen könnten sich gemeinsame Fortbildungen von Hebammen und Ärzten vorstellen.

Charlotte Schneidewind-Hartnagel brachte den hebammengeführten Kreißsaal ins Gespräch. Hier wird in einem Kreißsaal im Krankenhaus mit der Hebamme entbunden. Nur im Bedarfsfall wird ärztliches Personal hinzugezogen. Das garantiert eine sichere, selbstbestimmte und vertrauensvolle Geburt und wird von Frauen stark nachgefragt, wie einige Beispiele in Baden-Württemberg zeigen. Hilfreich wäre es ihrer Meinung auch, wenn Frauenärzte in Hebammenpraxen hospitierten.

Die anwesenden jungen Mütter jedenfalls äußerten sich einhellig begeistert vom Lebenshaus in Schäftersheim. Auf diese ausgezeichnete Unterstützung wollten sie keinesfalls verzichten. Einig waren sich abschließend alle, dass die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Hebammen verbessert werden müssen.

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