MdB Sebastian Schäfer fordert faktenbasierte Lösungen

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Sebastian Schäfer beim Werkstattgespräch am 5. Juni 2023 in Weikersheim
Dr. Schäfer (Foto: Inge Braune)

Trotz vollem Terminkalender nahm sich Sebastian Schäfer, seit 2021 Mitglied im Deutschen Bundestag, auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen – Ortsverband Oberer Bezirk - Zeit für eine recht ausgedehnte Visite in Weikersheim. Neben Besuchen bei der TecAlliance GmbH und auf HOF8, dem Schäftersheimer Plusenergie-Hof, standen ein Austausch mit dem Weikersheimer Rathauschef Nick Schuppert und ein öffentliches Werkstattgespräch im Rathaus-Sitzungssaal auf Schäfers Tages-Agenda.

Der aus dem unterfränkischen Dettelbach stammende Grünen-Politiker zeigte sich beeindruckt von den Anstrengungen der beiden Unternehmen zur Nutzung erneuerbarer Energien: Da setzt etwa das auf die internationale Lieferung von KFZ-Ersatzteilen spezialisierte Unternehmen in der Kreuzstraße bereits seit rund anderthalb Jahrzehnten auf Erneuerbare Energie: E-mobile Mitarbeitende freuen sich über höhere Kilometergeld-Zahlungen, Parkplätze werden mit Solar-Modulen überdacht. Dass auch im Altbau die Nutzung von Erneuerbaren Energien möglich ist, demonstrierte Martina Klärle eindrucksvoll auf HOF8.

Hindernisse für erneuerbare Energien beseitigen

Beim Gespräch mit Bürgermeister Schuppert ging es ebenfalls zentral um dieses Thema, bei dem sich Schuppert allerdings mehr Unterstützung der Bundesregierung wünscht, um Windpark- oder Freiflächen-Photovoltaikplanungen und den Ausbau von Stromtrassen kommunal zügiger umsetzen zu können. Unter anderem verwies er auf Konflikten zwischen den Belangen erneuerbarer Energieerzeugung und denen der Bundeswehr, die manche Windrad- oder Photovoltaikplanung erschwere.

Schäfer, Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss des Bundestages sowie Stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss, will sich dieser Fragen ebenso annehmen wie der Fragen und Sorgen der Bürgerschaft, auf die er im öffentlichen Werkstattgespräch mit annähernd 30 Interessierten einging.

Der Bundestagsabgeordnete ging nicht über Schwierigkeiten hinweg. Er machte keinen Hehl aus den in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine entstandenen und andauernden Belastungen für die Bürgerschaft. Zwar sei man trotz des Endes von Gasimporten aus Russland, die Ende 2021 noch bei rund 50 Prozent lagen, auch Dank Verhandlungen mit „schwierigen Partnern wie Qatar“ gut durch den Winter gekommen. Jedoch gelte es, bei der Versorgung durch erneuerbare Energien auch angesichts der Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens schneller zu werden.

Kostenfalle vermeiden

Wesentliche Beiträge dazu können aus dem Verkehrssektor – Stichwort: E-Mobilität - und dem Immobilienbereich – Stichwort: Heizungen – kommen. Das aktuell hoch umstrittene Gebäudeenergiegesetz, das zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, soll Investitionen zukunftssicher machen, erläuterte Schäfer. Heizungsanlagen sind Langfrist-Investitionen - und angesichts zu erwartender starker Preissteigerungen bei fossilen Rohstoffen dürfte es sich durchaus lohnen, bei Neubauten und dem Ersatz defekter Anlagen Alternativlösungen zu wählen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können.

Schäfer stellte klar: „Es geht beim Gebäudeenergiegesetz nicht um funktionierende Heizungen!“ Und auch bei irreparablen Anlagen, die ersetzt werden müssen, gelte ein dreijähriger Übergangszeitraum, um im Rahmen des Zeithorizonts bis 2045 ein „Ausphasen von über 20 Jahren“ zu ermöglichen. Mit Blick auf die vorgesehenen hohen Zuschüsse für den Heizungstausch und zusätzliche Sonderzuschüsse für Geringverdienende widerspricht der Bundestagsabgeordnete Angst machenden Schlagzeilen wie „Habecks Heizungshammer“ (BILD). Er plädiert für „faktenbasierte Debatten“.

Ampelkoalition wird Lösungen finden

Das entsprach dem Interesse der Gäste des Werkstattgesprächs, die unter anderem wissen wollten, ob überhaupt Lösungen für die Streitereien, die vor allem der AfD nützen würden, absehbar seien. Schäfer zeigte sich vorsichtig optimistisch: Man sei bislang am Ende immer zu Lösungen gekommen – und falls man in den drei vor der Sommerpause noch anstehenden Sitzungswochen noch keine Lösung habe, müsse man eben im Sommer weiter überlegen. Roten Linien, die man vielleicht dann doch irgendwann überschreiten müsse, erteilt Schäfer eine klare Absage.

Ebenfalls - und auch innerhalb der Wählerschaft und Partei der Grünen umstritten - sind die Planungen eines LNG-Terminals bei Rügen. Seine Fraktion nehme hier eine kritische Haltung ein, so Schäfer auf eine Frage aus dem Publikum. Dennoch sehe er die Notwendigkeit eines entsprechenden Terminals, von dem aus auch Polen mit versorgt werden solle.

Auch beim Werkstattgespräch in Weikersheim wird deutlich, dass nicht nur die immer wieder aufflackernden Dissonanzen innerhalb der Regierungskoalition für Unruhe sorgen. Sorge bereitet auch die Energiesituation im kommenden Winter. Schäfer beruhigt: Mit den inzwischen wieder unter deutscher Kontrolle stehenden und relativ gut gefüllten Gasspeichern sei man deutlich besser vorbereitet als im vergangenen Jahr, als die Speicher fast geleert waren. Zudem habe sich der Gasmarkt beruhigt. Und langfristig, so Schäfer, dürfte auch der aus vielen Ländern importierbare Wasserstoff einen wesentlichen Teil zur Lösung beisteuern, der allerdings nicht zum Heizen verwendet werden soll, sondern etwa bei der „grünen“ Stahlproduktion.

Einen Beitrag zur Energiewende leisten unter anderem mit Energiepflanzen gespeiste Biogasanlagen. Nicht jeder ist damit einverstanden, dass rund vier Prozent der Landwirtschaftsfläche für diese Nutzung nicht zur Verfügung stehen soll, wie ein Teilnehmer des Werkstattgesprächs deutlich machte. Ob man sich das angesichts der Energiekrise wirklich leisten könne? Schäfer wägt ab: Hie Energiekrise, da das Artensterben – es müsse, wie auch beim Windradbau, fein austariert werden.

Schäfer erwies sich als aufmerksamer und abwägender Zuhörer, der Schwierigkeiten nicht schönredete. Bürgermeister Schuppert dankte für das offene Ohr, das Schäfer für die Belange, Herausforderungen und Fragen kleinerer Kommunen gezeigt habe.

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